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Was ist der Open Window Effekt?

Zu diesem Blogpost  gibt es eine passende Podcast-Folge. Möchtest du lieber den Original-Podcast hören? Dann drück einfach auf Play oder lad dir die Folge für später herunter.

Wir sind mittendrin in der miesen-fiesen Erkältungszeit. In der kalt-feuchten Jahreszeit ist es wichtig, darauf zu achten, wie es deinem Körper geht. Ich selbst war in der Zeit vor Silvester richtig krank – zum Glück mit einem negativen Covid-19-Test. Das hat mir aber nochmal in Erinnerung gerufen, dass es wichtig ist, möglichst gut für mich selbst zu sorgen, damit ich im Herbst und Winter nicht Opfer des Open Window Effekts werde. 

Bevor wir damit einsteigen, möchte ich dir nochmal Podcastfolge 55 beziehungsweise diesen Blogpost ans Herz legen, darin erläutere ich im Detail, was Superkompensation ist und was dabei in deinem Körper passiert. Ganz kurz erklärt: Beim Sport – und auch sonst – reagiert unser Körper auf Aussenreize, zum Beispiel auf Belastung. Wenn dein Körper regelmässigen Belastungen ausgesetzt wird, lernt er, sich diesen wiederholten Belastungen anzupassen. Den exakten Vorgang erkläre ich hier.

 

Was versteht man unter dem Open Window Effekt?

Der Open Window Effekt ist eine Zeitphase, die nach einem u.u. sehr intensiven Training oder Wettkampf – also nach einem sehr intensiven Belastungsreiz – eintritt. Die Energiespeicher deines Körpers sind leer und dein Körper – und damit auch dein Immunsystem – sind deutlich geschwächt. Darum bist du in der Zeit des Open Windows anfälliger für Erkrankungen. Man könnte auch sagen: das Fenster ist offen für Erkrankungen.

Wie lange dauert der Open Window Effekt?

Die Dauer des Open Window Effekts, also des «offenen Fensters» ist, wie so viele Dinge im Trailrunning und im Leben überhaupt, sehr persönlich. Sie hängt davon ab, wie intensiv du trainierst, welche Belastungen du gewohnt bist, wie intensiv und fordernd einzelne Trainings waren und natürlich auch, ob dein Immunsystem vielleicht bereits geschwächt ist, zum Beispiel durch einen vorangegangenen Infekt, aus medizinischen bzw. gesundheitlichen Gründen oder durch zu wenig Schlaf, eine unzureichende oder nicht ausgewogene Ernährung usw. Das heisst das Fenster kann bei einigen Personen nur 3 Stunden geöffnet sein, während andere Läufer:innen drei Tage lang stärker gefährdet sind.

Wieso genau ist dein Immunsystem geschwächt?

Nach dem Laufen baut dein Körper Stresshormone ab und setzt gleichzeitig die sogenannten Glückshormone frei (siehe dazu auch diese Podcastfolge oder diesen Blogpost). Das ist tendenziell ein guter Mix, der deine Abwehrkräfte stärken kann. Auch zusätzlich aufgebaute Muskelmasse durch Kraft- und Koordinationstraining verbessert deine Immunabwehr. Die zusätzliche Muskelmasse kann nämlich Kohlenhydrate besonders gut speichern.

Wenn du nun eine besonders intensive Einheit absolvierst, werden kurzfristig vermehrt die Stresshormone Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin ausgeschüttet. 

 

Bevor es weitergeht ein kurzer Blick darauf, was die drei Hormone in deinem Körper machen:

Adrenalin: Es mobilisiert die Energiereserven im Körper und steigert die körperliche Leistungsbereitschaft. Alles, was gerade nicht benötigt wird, wird heruntergefahren, also zum Beispiel die Verdauung und die Muskeln, die gerade nicht benötigt werden. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt an. 

 

Noradrenalin: Die Blutgefässe werden verengt, dein Blutdruck steigt, gleichzeitig fördert Noradrenalin die Aufmerksamkeit, Wachheit und Konzentration. 

 

Cortisol: steigert kurzfristig deine Konzentration, steigert den Blutzuckerspiegel, deinen Blutdruck und deine Körpertemperatur. Ausserdem aktiviert es bestimmte Stoffwechselvorgänge in deinem Körper. 

 

Neben dem vermehrten Ausschütten der Stresshormone, die nach dem Training wieder abgebaut werden müssen, können während eines Trainings, egal wie intensiv, kleine Schäden an den Muskelzellen entstehen. Nach dem Training ist dein Immunsystem dann damit beschäftig, diese Schäden wieder zu reparieren. Also zum Beispiel Zellen, die zerstört wurden abbauen, Mikroverletzungen reparieren und Gewebe ersetzen. Die Zellen haben darum keine Kapazitäten, um Krankheitserreger gut abzuwehren. Darum bist du in dieser Reparaturphase auf Immunebene geschwächt. Und dieses Fenster nennt man eben Open Window. Die Arbeit für das Immunsystem ist grösser und dIe Reparaturphase ist länger, je intensiver das Training war.

Warum ist das besonders im Winter gefährlich?

Das Open Window ist vor allem im Winter gefährlicher, weil in der Phase des Open Windows die Energie, die dein Körper braucht um warm zu bleiben nicht für die Immunabwehr eingesetzt werden kann. Besonders gefährdet sind Läufer:innen, die vielleicht die ganze Woche nicht gelaufen sind und dann versuchen an einem Wochenende das ausgefallene Training komplett nachzuholen. Du bist vielleicht von einer anstrengenden Arbeitswoche ohnehin erschöpft, dein Körper ist nicht auf dem höchsten Leistungsniveau und dann verlangst du ihm plötzlich – sozusagen ohne Vorwarnung – eine sehr intensive Einheit ab. Das schwächt dich zusätzlich. Darum halte ich es für wichtig und richtig, lieber mehrere leichte Trainings zu absolvieren und nur ausgewählte intensive Einheiten zu absolvieren – das gilt nicht immer, aber vor allem in der Erkältungszeit.

 

Was tun gegen den Open Window Effekt?

Dass es den Open Window Effekt gibt, heisst nicht zwangsläufig, dass du krank werden musst. Es heisst einfach nur, dass du theoretisch anfälliger bist und dass du vielleicht besonders darauf achten solltest, wie du dich in diesem Zeitfenster verhältst. Wie kannst du also deinen Körper unterstützen und dieses geöffnete Fenster möglichst schnell wieder schliessen? 

  • Direkt nach dem Training trockene und warm Kleidung anziehen oder, wenn möglich direkt unter die warme Dusche gehen.
  • Deine Haare evtl. föhnen oder eine Mütze überziehen, ggf. direkt mit Mütze laufen gehen, weil wir über den Kopf besonders viel Wärme verlieren.
  • Die verlorene Flüssigkeit ausgleichen – also viel trinken, gerne auch etwas Warmes, das hilft beim schnellen Aufwärmen.
  • Dasselbe gilt für das Kaloriendefizit: Du solltest nach dem Lauf etwas essen. Achte ausserdem auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse und verzichte ggf. auf Alkohol.
  • Achte vor und nach dem Training auf ausreichend Schlaf.
  • Falls es sehr sehr kalt ist, ggf. auf das Training verzichten oder eine Alternative suchen (z.B. Laufband)
  • Um dich zusätzlich zu schützen, am besten auf grosse Menschenansammlungen verzichten und immer gut die Hände waschen – das kennen wir ja alle inzwischen gut genug!
  • Passe dein Training deinem körperlichen Zustand an. Hattest du eine stressige Woche? Dann lieber leichte Trainings einbauen und natürlich:
  • Auf jeden Fall auf das Training verzichten, wenn du bereits krank bist! Das gilt übrigens das ganze Jahr über!

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